Ausnahme 20

Beförderung verpackter gefährlicher Abfälle

1 Abweichend von §1 Absatz 3 Nummer 1 bis 3 sowie 18, 21 und 22 der GGVSEB in Verbindung mit den Teilen 1 bis 5 ADR/RID/ADN dürfen Abfälle, die nach den unter Nummer 2 aufgeführten Bestimmungen nach den Abfallgruppe 1 bis 15 klassifiziert, verpackt, gekennzeichnet und bezettelt sind, unter Einhaltung der Bestimmungen nach den Nummern 3 bis 5 befördert werden.

2 Klassifizierung, Verpackung, Kennzeichnung und Bezettelung
2.1 Für eine sicherheitsgerechte Beförderung sind Abfälle so zu sortieren, dass sie keine gefährlichen Reaktionen miteinander eingehen können.

Bei Einstufung nach Nummer 4.2, 4.5 oder 4.6 ist der Stoff der Klasse 3, 8 oder 9 zusätzlich anzugeben.

2.2 Um Gefahren, die während der Beförderung auftreten können, auszuschließen, sind die Abfälle einer der nachstehenden Abfallgruppen zuzuordnen. Ein Vermischen der einzelnen Abfallgruppen ist nicht zulässig. Die Abfallgruppen dürfen nicht auf solche Stoffe angewendet werden, für die ein Beförderungsverbot besteht oder die nach Sondervorschriften befördert werden müssen.

Die Abfallgruppen gliedern sich in Untergruppen. Werden Abfälle mehrerer Untergruppen innerhalb einer Abfallgruppe befördert, sind im Beförderungspapier die für die Klasse der überwiegenden Gefahr gemäß den Absätzen 2.1.3.5.2 und 2.1.3.5.3 in Verbindung mit Unterabschnitt 2.1.3.10 ADR/RID/ADN zutreffenden Gefahrzettel und, soweit vorhanden, die Verpackungsgruppe des höchsten Gefahrengrades, gekennzeichnet durch I, II oder III, anzugeben.

Für die Abfallgruppe 1 sind im Beförderungspapier alle zutreffenden Gefahrzettel der Sendung anzugeben. Die Angabe der Verpackungsgruppe ist nicht erforderlich.

Die Gefahrzettel sind entsprechend den Untergruppen der jeweiligen Abfallgruppe anzubringen.
2.3 Wer Abfälle eigenverantwortlich verpackt oder verpacken lässt, muss feststellen, welcher Untergruppe innerhalb der Abfallgruppe die gefährlichen Abfälle zuzuordnen sind, damit der Nachweis der ausreichenden chemischen Verträglichkeit mit den vorgesehenen Verpackungen aus Kunststoff auf Grund der durchgeführten Bauartprüfung mit der/den Standardflüssigkeiten) geführt werden kann. Werden innerhalb der Abfallgruppe verschiedene Untergruppen gemischt verpackt, muss der Nachweis der ausreichenden chemischen Verträglichkeit nach Unterabschnitt 4.1.1.21 in Verbindung mit Abschnitt 6.1.6 ADR/RID für alle in Spalte 8 der Tabelle in Nummer 2.4 der betreffenden Abfallgruppe aufgeführten Standardflüssigkeiten geführt worden sein. Dabei gilt dieser Verträglichkeitsnachweis für Essigsäure auch als erbracht, wenn die Verpackungsbauart für die Standardflüssigkeit Netzmittellösung zugelassen ist. Für Verpackungen der Codierung 1H2, 3H2 und 4H2 gilt der Nachweis der ausreichenden chemischen Verträglichkeit als erbracht, wenn die Verträglichkeit des Werkstoffs mit den jeweiligen Standardflüssigkeiten im Rahmen einer Bauartprüfung und -zulassung für Verpackungen der Codierung 1H1 oder 3H1 nachgewiesen wurde.


2.4 Tabelle der gefährlichen Abfälle

Die in der nachfolgenden Tabelle angegebenen Klassen, Klassifizierungscodes (soweit anwendbar), Verpackungsgruppen (soweit anwendbar), Tunnelbeschränkungscodes (soweit anwendbar) und Nummern der Gefahrzettelmuster beziehen sich auf die jeweiligen gefahrgutrechtlichen Regelwerke ADN für die Binnenschifffahrt (B), RID für die Eisenbahn (E) und ADR für den Straßenverkehr (S).

[Statt der Tabelle wird auch die tabellarische Aufstellung auf dieser Website verwiesen]

2.5 Sonstige Vorschriften

Die Abfälle dürfen bei Sammlungen nur in kleinen Anlieferungsgefäßen bis zu 60 Liter Fassungsraum oder 60 Kilogramm Masse unter Aufsicht einer fachkundigen Person in die Verpackungen und Großpackmittel (IBC) eingegeben werden.

Die Abfälle sind in die folgenden Verpackungen zu verpacken, die für feste Stoffe der Verpackungsgruppe I bauartzugelassen sind:
  • Fässer oder Kanister aus Kunststoff der Codierung 1 H2 oder 3H2,
  • Fässer oder Kanister aus Stahl der Codierung 1A2 oder 3A2,
  • Kisten aus Stahl oder starren Kunststoffen der Codierung 4A oder 4H2 oder
  • zusammengesetzte Verpackungen mit einem dicht anliegenden eingesetzten Innenbehälter aus geeignetem Kunststoff als Innenverpackung und Kisten aus Stahl oder Aluminium der Codierung 4A oder 4B als Außenverpackung.

Es sind die Bedingungen für feste Stoffe der Verpackungsgruppe I anzuwenden.

Bei der Verwendung von zusammengesetzten Verpackungen mit einer Kiste aus Pappe der Codierung 4GW als Außenverpackung für die Beförderung von Stoffen der Abfallgruppen 1, 6, 7, 8, 9, 12 und 13 müssen folgende Anforderungen erfüllt werden:
  • Verwendung einer nassfesten Verklebung für die Wellpappe,
  • erfolgreiche Bauartprüfung als zusammengesetzte Verpackung mit Ersatzfüllgut und Originalfüllgut (z.B. Gefäß, klein, mit Gas (Gaspatrone)),
  • Bauartprüfung mit der doppelten Nettomasse wie zugelassen,
  • Verwendungsbegrenzung der Verpackung auf ein Jahr nach ihrer Herstellung für den einmaligen Transport und
  • Bestehen der Permeationsprüfung in Analogie zu Unterabschnitt 6.1.5.7 ADR/RID.

Innenverpackungen von zusammengesetzten Verpackungen dürfen die gleiche höchstzulässige Füllmenge wie die Außenverpackung besitzen.

2.6 Abfälle der Abfallgruppe 15 sind im jeweiligen Anlieferungsgefäß mit inerten Saug- und Füllstoff einsetzen in Kisten aus Holz der Codierung 4C1, 4C2, 4D oder 4F, aus starren Kunststoffen der Codierung 4H2 oder in Fässern aus Kunststoff der Codierung 1H2, die mindestens nach der Verpackungsgruppe II bauartgeprüft, -zugelassen und gekennzeichnet sein müssen. Diese Kisten, Säcke oder Fässer sind dann einzeln oder zu mehreren einzusetzen in Kisten aus Stahl, Aluminium oder starrem Kunststoff der Codierung 4A, 4B, 4H2 oder Fässer aus Stahl oder Kunststoff der Codierung 1A2, 1H2, die bauartgeprüft und -zugelassen und gekennzeichnet sind, zu verpacken.

2.7 Die Abfälle der Abfallgruppe/Abfalluntergruppe 1, 2.1, 5, 6, 7, 8, 13 und 14 in Anlieferungsgefäßen dürfen auch in Großpackmitte (IBC) aus Stahl mit abnehmbarem Deckel oder in Kombinations-IBC mit Innenbehältern aus starrem Kunststoff verpackt werden.

Außerdem dürfen auch Kombinations-IBC mit Kunststoffinnenbehälter nach Kapitel 6.5 ADR/RID verwendet werden. Die Großpackmittel (IBC) müssen für feste Stoffe der Verpackungsgruppe II bauartgeprüft, -zugelassen und gekennzeichnet sein.

2.8 Die Abfälle der Abfallgruppen 2.2, 3, 4, 9, 10, 1, 12 und 15 in Anliegerungsgefäßen dürfen auch in metallenen Großpackmitten (IBC) der Verpackungsgruppe I verpackt werden.
2.9 Bei zerbrechlichen, beschädigten oder nicht ordnungsgemäß verschlossenen Anlieferungsgefäßen sind inerte Saugstoffe so einzufüllen, dass die Freiräume zwischen den Anlieferungsgefäße vollständig ausgefüllt sind.
2.10 Die Verschlüsse der Anlieferungsgefäße sind vor der Eingabe in die Verpackungen und Großpackmittel (IBC) auf Dichtheit zu kontrollieren.
2.11 Bei Verpackungen mit W-Codierung (z.B. 1H2W) müssen die Saugstoffe so bemessen sein, dass sie die gesamte Flüssigkeitsmenge bei einem eventuellen Freiwerden aufsaugen können. Bei festen Abfällen darf stattdessen das Anlieferungsgefäß in einen dicht zu verschließenden Beutel oder Sack aus Kunststofffolie verpackt werden.
2.12 Gefäße, klein, mit Gas (Gaspatronen), die eingedrückt, aber noch dicht sind, dürfen nur in Fässer, Kanister oder Kisten aus Pappe (z.B. 4GW) mit inerten Füllstoffen verpackt werden. Teilentleerte und niht funktionsfähige Gefäße, klein, mit Gas (Gaspatronen), der Klasse 2 Klassifizierungscode 5F, die entzündbare Gase enthalten, können auch unter folgenden Bedingungen befördert werden:
  • Sie sind so in Pappkisten einzusetzen, dass eine Bewegung und eine Belastung der Ventile vermieden werden.
  • Die Pappkisten müssen nach Kapitel 6.1 ADR/RID bauartgeprüft, -zugelassen und gekennzeichnet sein. Es gelten die Anforderungen der Verpackungsgruppe II.
2.13 Abfallfeuerlöscher der Abfalluntergruppe 1.3 dürfen auch in folgenden nicht bauartgeprüften und -zugelassenen Verpackungen befördert werden:

Boxpaletten aus Metall oder Kunststoff sowie Gitterboxpaletten, wobei die Palette auch aus Holz bestehen darf.
2.14 Die Verpackungen und Großpackmitte (IBC) für Abfälle der Abfallgruppe 1 und 14 müssen mit einer Lüftungseinrichtung nach Unterabschnitt 4.1.1.8 ADR/RID ausgerüstet sein.
2.15 Die Stoffe dürfen nur dann mit nicht dem ADR/RID/ADN unterliegenden Gütern zusammengepackt werden, wenn keine gefährlichen Reaktionen entstehen können. Gefährliche Reaktionen sind:
  • Eine Verbrennung und/oder Entwicklung beträchtlicher Wärme;
  • Die Entwicklung von entzündbaren und/oder giftigen Gasen;
  • Die Bildung von ätzenden flüssigen Stoffen;
  • Die Bildung instabiler Stoffe.
3 Verantwortlichkeiten
3.1 Bei Abfallsammelaktionen hat eine fachkundige Aufsichtsperson die Pflichten nach § 18, 21 und 22 der GGVSEB zu erfüllen.
3.2 Die fachkundige Aufsichtsperson muss in der Lage sein,
  • Die Abfälle nach ihren gefährlichen Eigenschaften sowie im Hinblick auf Maßnahmen bei Zwischenfällen oder Unfällen zu beurteilen und
  • Die Vorschriften dieser Ausnahme und der GGVSEB anzuwenden.

3.3 Bei der Eisenbahnbeförderung hat der Verlader nach § 21 Absatz 3 der GGVSEB die Güterwagen – entsprechend der verladenen Güter – auf beiden Längsseiten mit den zutreffenden Großzettel (Placards) nach der Tabelle Spalte 7 in Nummer 2.4 und zusätzlich mit einem Rangierzettel nach Muster 13 nach Unterabschnitt 5.3.4.2 RID zu versehen.
4 Sonstige Vorschriften
4.1 Die Versandstücke sind im Eisenbahnverkehr als Wagenladung mit gedeckten Wagen oder in Containern und im Straßenverkehr mit gedeckten oder bedeckten Fahrzeugen oder in Containern sowie im Binnenschiffsverkehr in Containern mit Schiffen mit wetterdicht schließenden Luken unter ausreichender Belüftung zu befördern.
4.2 Versandstücke der Codierungen 1A2, 1H2, 3A2, 3H2, 4A, 4B, 4H2, 11A und 11HZ1 dürfen im Straßenverkehr auch mit offenen Fahrzeugen befördert werden. Zur Ladungssicherung sind hierbei genau passende Gestelle und Vorrichtungen für die Versandstücke zu verwenden.
4.3 Versandstücke mit Abfällen der Abfallgruppe 15 sind abseits, dass heißt nicht über, nicht unter und nicht unmittelbar neben den übrigen Versandstücken zu verstauen und zu sichern.
4.4 Die Versandstücke sind so zu sichern, dass sie nicht verrutschen, verkanten, umfallen oder durch andere Versandstücke oder Gegenstände beschädigt werden können.
4.5 Beförderungen nach dieser Ausnahme müssen spätestens sechs Monate nach Befüllung der Verpackungen und Großpackmittel (IBC) abgeschlossen sein.
4.6 Ungereinigte leere Verpackungen (Anlieferungsgefäße) sind wie die Stoffe zu behandeln, deren Reste in ihnen enthalten sind.
5 Beförderungspapier

  • Name und Anschrift des Absenders und Empfänger,
  • Als Bezeichnung des Gutes:
    • Abfallgruppe (n) <<....>>
    • Nummer der Gefahrzettelmuster <<....>>
    • Verpackungsgruppe oder Klassifizierungscode <<....>>
    • Tunnelbeschränkungscode <<....>>
      Bem.: Sofern nach Absatz 5.4.1.1.1 k) ADR erforderlich.
    • Anzahl der Versandstücke und
    • Beschreibung der Versandstücke
    Anstelle von „<<....>>“ sind die entsprechenden Angaben gemäß der Tabelle in Nummer 2.4 einzutragen. Die Verpackungsgruppe ist hierbei der Spalte 6 zu entnehmen.
  • Zusätzlich ist zu vermerken: „Ausnahme 20“

6 Befristung

Die Ausnahme 20 ist bis zum 30.Juni 2027 befristet.